Amerikanische Ikone/ Britischer Bestseller

Vom amerikanischen Ausnahme-Konstrukteur Frank Butler gezeichnet, startete der Bestseller Catalina 25 unter dem neuen Namen Jaguar 25 Mitte der 70er in Europa eine zweite Karriere. In beiden Versionen weit über 6.000 mal verkauft, war der visionäre Küstenkreuzer wegweisend für den Bootsbau – über den Ursprung des törntauglichen Kajütbootes.

Erste Gischt fliegt auf das ansteigende Vordeck des kleinen Küstenkreuzers. Wegen des flachen Freibords wurde das Oberdeck mit den drei großen Seitenfenstern bewusst hoch gezogen, um Innenraum zu generieren. Mit leichter Lage jagt der zeittypisch-grüne Rumpf der gut 40 Jahre alten Jaguar 25 durch die Flensburger Innenförde. Zwischen den bekannten Ochseninseln sucht sich der sanft ansteigende Bug seine Bahnen – auf Kurs gehalten von einem angehängten Ruder und angetrieben von einem nicht eben hohem Topprigg. Aber Anfang der 70er Jahre war eine AmWind-Segelfläche von bis zu 32 m² durchaus state of the art für ein Boot von acht Metern Länge. Gleiches gilt für die Größe an sich: Aus den typischen Kleinkreuzern für das segelnde Gros der 60er Jahre entwickelten sich nun zusehends echte Kajütboote, mit denen man auch längere Törns mit Kleinfamilie entlang der Küsten segeln konnte. Die Macron Tomahawk, Mirage 26 oder die bei uns recht renommierte Neptun 22 waren zeitgenössische Mitbewerber und zeugen von diesem Trend. Die Jaguar 25 präsentierte sich sozusagen als englische Variante dieser sich erst etablierenden Bootsklasse. Sie aber als bloßes Kind ihrer Zeit zu bezeichnen, würde ihr nicht gerecht werden. Denn hervorgegangen ist sie aus der frühen amerikanischen Bootsbauikone Catalina 25, die sich im Laufe ihrer langen Bauzeit (bis 1994) circa 5.860 mal verkaufte – und so bis heute als eine der erfolgreichsten Yachten in dieser Größe überhaupt gilt. Somit prägten diese beiden beinahe baugleichen Boote vielmehr ihre Zeit. Wie aber kam es zur zweiten Karriere unter dem neuen Namen Jaguar 25?

Jaguar-Yachts – Lizenzbauten von der Themse

1969 brachte der junge Konstrukteur Frank Butler mit der Catalina 22 das Debüt seiner frisch gegründeten Werft auf den Markt. Anvisiertes Ziel: 100 Boote. Nur fünf Jahre später verlässt jedoch bereits Rumpfnummer 5.000 die Werfthallen in Kalifornien – ein wohl einmaliger Erstlingserfolg in der Geschichte des Bootsbaus, der schon Anfang der 70er Jahre zu größeren Varianten wie der Catalina 25 und 27 führt. Auch sie verkaufen sich tausendfach und machen Catalina Yachts schnell zur führenden Werft für Segelyachten in den USA. Als törntaugliche und zudem trailerbare Kajütboote zu einem fairen Preis für Küstengewässer treffen gerade die kleine Catalina 22 und 25 voll den Zeitgeist jener Jahre. Und was in der geschützten Inselwelt im Golf von Kalifornien oder am ostamerikanischen Intracoastal Waterhighway funktioniert, lässt sich auch an europäischen Küstenregionen absetzen, dachte sich wohl der Brite Eric Birch und baute die Catalina nach Anfrage in Lizenz als Jaguar 25 auf Canvey Island östlich von London an der Themse. Von Mitte der 70er bis Mitte der 80er sollen hier laut der Webseite von englischen Jaguar-Eignern (www.jaguaryachts.co.uk.g8seq.com) 945 Jaguar 25 gebaut worden sein. Neben der Jaguar 25 fertigte Canvey Yachtbuilders auch die Butler-Konstruktionen Catalina 22 und 27 in Lizenz – und eine ganze Reihe von Jaguar-Entwürfen anderer Konstrukteure zwischen 21 und 28 Fuß. Mittlerweile hat man sich jedoch längst vom Yachtbau abgewandt, nicht aber vom Grundwerkstoff Glasfaser. Noch immer sitzt die Firma unter dem jetzigen Namen „CYB fibreglass technology“ auf Canvey Island und produziert dort Dächer aus Fiberglass.

Jaguar 25 – vielfältig, visionär und variantenreich

In den Anfangsjahren des Bootsbaus aber zählte die Jaguar 25 zu den wichtigsten weil absatzstärksten Booten. Gefertigt wurde sie in zwei aufeinander folgenden Versionen: MK I und MK II. Toppgetakelt waren beide, aber bei der MK II wurde das Rigg modernisiert, in dem man die Salinge pfeilte und die Wanten nach innen versetzte. Drei Kielvarianten sorgten für vielfältige Einsatzreviere: Neben dem festen Flossenkiel wurde auch ein Schwenkkiel für flache Gewässer wie das Ijselmeer oder ein Kimmkieler zum Trockenfallen im tidengeprägten Wattenmeer angeboten – was neben dem fahrtentauglichen Interieur wesentlicher Teil des Erfolgs war. Zudem wurde die Jaguar 25 in zwei Ausbau-Varianten als eine der ersten Yacht-Konstruktionen konsequent in der sich erst etablierenden Modulbauweise auf einer Innnenschale ausgebaut – was Kosten reduzierte und das Schiff preislich attraktiv am Markt machte. Nicht mal 10.000 Pfund kostete die segelfertige Komfortvariante 1982 etwa.

Zählt man beide Boote zusammen, gehört der Butler-Entwurf ohnehin zu den erfolgreichsten der 70er und 80er Jahre – übertroffen übrigens nur von der kleinen Schwester Catalina/Jaguar 22, die  es als Vorreiterin 1980 (anlässlich des 10.000 Bootes) zum Titel „trailerbares Boot des Jahrzehnts“ im Sail Magazine brachte. Die drei Füße mehr bei der weiterentwickelten 25er waren wesentlich, um das Interieur nach damaligen Vorstellungen wirklich fahrtentauglich zu machen. Durch die visionäre wie variantenreiche Bauweise wurde sie ein wichtiger Impulsgeber für die europäische Bootsbauentwicklung in dieser Klasse. Knapp 1.000 verkaufte Jaguar 25 bezeugen das – Zahlen, von denen Werften heute träumen.

Behäbig unter Segeln

Mit vier, in Böen fast fünf Beaufort brist es an diesem späten Hochsommertag auf der Förde – und da segelt bekanntlich jedes Boot. Nach damaligen Ansprüchen war die Jaguar durchaus ein Jäger – nur ist das 40 Jahre her und heute würde man sie eher als „gutmütiges Fahrtenboot“ bezeichnen. Ursprünglich musste man zum Vorsegelwechsel aufs Vordeck – wegen der schmalen Laufdecks kein Vergnügen, weshalb diese Baunummer wie viele mittlerweile auch auf eine angemessene Rollgenua umgerüstet wurde. Der Trimm ist einfach gehalten: Einen Cockpit-Traveller oder Genuaschienen gab es nur gegen Aufpreis und auch selbstholende Winschen waren werfsteitig nicht vorgesehen. Auffällig ist die bei größerer Krängung auftretende Luvgierigkeit: Das angehängte Ruder war noch nicht vorbalanciert und überträgt am Wind große Kräfte auf die Pinne. Ohnehin sind die Segeleigenschaften stark kielabhängig: Wer in flachen Gewässern mit aufgeholtem Kiel (bei der Kielschwertversion) segelt, muss mit einer hohen Leegierigkeit rechnen, da der Schwerpunkt dann nach achtern wandert. Am besten funktioniert natürlich der Festkiel, aber man konnte – und das war Teil des Erfolgs – eben nach Revier wählen. Wer sich heute für eine Jaguar 25 interessiert, sieht die Segelperformance ohnehin eher sekundär. Es geht weniger um Beschleunigung, als vielmehr um Entschleunigung. Auf einem kleinen Fahrtenboot, das sich auf Seen, in Inselwelten wie Küstengewässern wohlfühlt und gerade da seine Vorzüge zeigt – mit einer Rassy 52 gelangt man nicht mehr in die flachen, entlegenen Seitenarme eines Fjords wie der Schlei.

Variabel unter Deck

Wesentlich für den Erfolg der Jaguar war sicherlich das durchdachte Interieur. Kaum ein anderes Boot jener Jahre konnte in dieser Größe mit dem Komfort konkurrieren. Speziell dann, wenn man – wie die meisten – auf einen Innenborder verzichtete. Eine recht breite, offene Koje steuerbords, die sich bis unter die Plicht zog, wurde dann möglich – und war nicht weniger als eine Vorwegnahme heutiger Doppelkojen im Achterschiff. Ihr gegenüber steht eine kleine, aber funktionale L-Pantry mit Spüle, Herd und einigen Staufächern für das Nötigste. Wegen der fortschrittlichen Modulbauweise konnte man beim Salon wählen: Zwischen einer zeitgenössischen Dinette backbords, dank absenkbarem Tisch zu einer weiteren Koje umbaubar. Oder einem L-förmigen Sofa-Layout mit gegenüberliegendem Längssofa – auch hier lässt sich der Salon-Tisch absenken, wodurch Salonkojen frei werden. Man muss das Konzept im Zeitgeist sehen: Gesegelt wurde in den 70ern offenbar mannschaftsweise, wie sich in zahlreichen Werbeprospekten nachlesen lässt. Die in der Wasserlinienlänge gerademal 6,70 lange Jaguar wurde so für 6-7 Segler angepriesen! Nach heutigen Komfortansprüchen würde man eher von einem Pärchen ausgehen, das dann allerdings in einem abgetrennten Vorschiff mit WC, Stauschrank und Waschbecken ausreichend Platz findet. Wer jedoch eine Variante mit Außenborder und mithin großer Achterkoje findet, kann den Nachwuchs nachts ins Vorschiff verfrachten und es sich achtern gemütlich machen – nach wie vor ein Argument bei einem Boot jener Jahre, das meist nur eine einfache Hundekoje aufwies.

Im Finish gibt sich die Jaguar noch heute als typisch-englischer Bootsbau: Schnörkellos aber funktional. Das Teakinterieur wurde sauber aber einfach auf einer Innenschale eingepasst. Grobe Spaltmaße finden sich im Positiven genauso wenig wie Handläufe oder Schlingerleisten im Negativen – verzeihbar bei einem Boot dieser Größe, wo man immer irgendwie irgendwo Halt findet. Im Layout, auch hinsichtlich Stauraum, gibt sich die Jaguar nach wie vor als durchdachtes Konzept für ein Boot dieser Größe. Optisch muss man von Teppichen am Boden bis hin zu Gardinen weiter oben nacharbeiten – normal, bei einem Boot, das schon zu Zeiten von Nato-Doppelbeschluss und Anti-Atomkraftbewegungen segelte. Wer beispielsweise von typisch-türkisen Polstern in Blümchenmuster auf helle wechselt, verhilft dem Interieur mit wenigen Mitteln zu zeitgemäßerem Wohlfühl-Ambiente.

 

Expertenrundgang: „Kleiner Klassiker mit kleinen Folgekosten“

In der Flensburger Innenförde gegenüber dem dänischen Kollund liegt das malerische Fahrensodde, Heimathafen der 1975 gefertigten 25er Fuchur. Äußerlich wirke diese Baunummer 46 wie aus dem Ei gepellt, meint Gutachter Uwe Baykowski, heute hier am Steg, um den über 40 Jahre alten Klassiker auf spezifische Schwachstellen hin zu inspizieren: „Der Rumpf bekam bereits ein Refit, denn gerade die der farbenfrohen 70er Jahre (dieser war im Original orange, Anm. d. Red.) sind heute altersbedingt ausgekreidet.“ In der Tat schliff Eigner Olaf Geipel den einkomponentigen Lack in mehreren Gängen behutsam ab, um der Außenhaut neuen Glanz zu verschaffen. Da die Neulackierung für 6.000 Euro aber wirtschaftlich unsinnig erschien, entschied er sich für eine günstigere Rumpffolierung zu knapp einem Drittel des Preises. Eine echte Alternative: „Zwar ist die Folie deutlich empfindlicher gegenüber Remplern und Fender-Scheuern, lässt sich aber auch partiell besser ausbessern als Lack.“ Gegen Blasenbildung, Ablösungen und auf Farberhalt gab der Hersteller eine zehnjährige Garantie. Auch dem ausgeblichenen Deck gab Geipel mit „Perfection“ von International neuen Glanz. „Ein zweikomponentiger Finishlack mit hoher Abriebfestigkeit“, erklärt Bootsbaumeister Baykowski: „Das Deck muss dazu vorher mehrfach angeschliffen, gesäubert und grundiert werden.“ Mit heute gewiss fälligem Teak wurden werftseitig zum Glück keine Decks verlegt, aber auch der robuste Anti-Rutsch-Belag muss mitunter erneuert werden. Was sich jedoch deutlich günstiger und in Eigenarbeit erledigen lässt, weiß Baykowski: „Die alten Beläge werden herausgeschliffen, die Reste mittels Drahtbürste grob entfernt. Anschließend sollte man die für den Anti-Rutschbelag vorgesehenen Decksaussparungen reinigen und am Rand abkleben, ehe der neue Belag, beispielsweise Kiwi-Grip, eingegossen und mit einer Strukturrolle bündig eingearbeitet wird.“

Eine typische Schwachstelle sei sicherlich auch das angehängte Ruderblatt, das auf frühen 25ern noch aus Sperrholz gefertigt wurde und dann stark angegriffen ist: „Die Verleimung der Einzelschichten löst sich gern“, aber auch Risse in Höhe des unteren Lagers kämen vor und kündigen baldigen Bruch an – eine Folge der konstruktionsbedingt-hohen Ruderdruckbelastung. „Wer erneuern muss, sollte dem Ruder eine leichte Vorbalancierung geben, um die großen Kräfte an der Pinne zu mildern. Auch die großen, ungerahmten und bloß aufgeschraubten Fenster weisen gern Undichtigkeiten auf, was sich dann in stockfleckigen Kojenpolstern bemerkbar macht. Die Kunststoffverarbeitung wurde von Canvey Yachtbuilders ordentlich ausgeführt, im Bilgebereich finden sich zahlreiche, gut dimensionierte Bodenwrangen. Bei der Kielschwertversion sollte man jedoch die Funktion der Drahtseilwinde genauer prüfen. Einige wenige 25er wurden werftseitig  mit einem Hubdach ausgestattet, um im Niedergangsbereich volle Stehhöhe zu erzielen. Dann sollte man auch dieses auf Funktion und Dichtigkeit hin inspizieren.

Eigner Olaf Geipel übernahm seine Jaguar MK II 2003 von seinem Bruder für 8.000 Euro. Ein Preis, der auch heute noch für gut erhaltene und gepflegte Exemplare gezahlt wird. Die gleiche Summe sowie unzählige Arbetsstunden investierte er allerdings nochmal in das Refit. So wurde innen das Teak komplett geschliffen und neu lackiert. Dem Vorschiff spendierte er einen echten Nassschrank, im Salon wurden offene Ablagen gegen Schiebeschränke getauscht. Die Pantry bekam eine neue Arbeitsplatte und Spüle sowie einen einschiebbaren Backofen darunter. Vor Allem aber widmete sich der studierte Elektrotechniker ausführlich dem bei alten Booten typischen Kabel-Wirrwarr. Ein Schaltplan dazu sowie etliche, weitere nützliche Informationen zum Boot finden sich auf der Webseite des Überzeugungstäters (www.jaguar-yacht.de). Letztlich habe er „die komplette Bordelektrik neu verlegt und dabei modernisiert“. Den berufsbedingten Fokus auf Elektronik merkt man dem Boot an: Innen finden sich zwei Fernseher sowie indirekte LED-Beleuchtungen, außen 12 Volt- und USB-Anschluss für´s Handy. Vollends hereingesteigert hat sich Geipel bei der Pinne: Dort ist der Namenszug eingearbeitet – natürlich beleuchtbar!

Baykowskis Fazit

„Der Preis einer Jaguar definiert sich heute ausschließlich über den Pflegezustand. Und der dürfte selten so gut sein wie bei dieser Baunummer 46, denn von Beginn an wurde die 25er für Leute mit überschaubarem Budget konzipiert. Als einst günstiges Einstiegsboot ist es mittlerweile meist durch viele Hände gegangen – und erfuhr dabei oft nur notwendigste Pflege. Zahlreich am Markt, gilt es  die Nadel im Heuhaufen zu finden. Der dann höhere Preis um knapp 10.000 Euro ist immer noch günstig im Vergleich zu einem Refit wie diesem. Man bekommt ein kleines, vollwertiges Fahrtenboot für Küstengewässer, das auch im Unterhalt nur kleine Kosten verursacht.“

Text & Fotos: Hinnerk Stumm